Die Opernhauskrawalle in Zürich 1980
Am Samstag, 30. Mai 2020 jährte sich um 40. Mal der Opernhaus-Krawall vom 30. Mai 1980. Damals filmte Heinz Nigg, Lehrbeauftragter am Soziologischen Institut der Universität Zürich, mit seinem Videoteam, die anfänglich friedliche Demonstration vor dem Opernhaus Zürich und das anschliessende gewalttätige Katz- und Mausspiel zwischen den überforderten Polizisten und den provozierten Demonstrierenden. Heinz Nigg, Ethnologe, Kultur- und Videoschaffender, ist zu Gast bei Thomas Hauser in der heutigen Sendung LET’S TALK auf www.artonair.tv. Er erzählt über die damalige Zeit und gibt einen abwechslungsreichen Einblick in sein Leben.
Der Zürcher Opernhaus-Krawall vom 30. Mai 1980 ist der Auftakt für Jugendunruhen in vielen Schweizer Städten. Parolen wie «Macht aus dem Staat Gurkensalat» oder «Wir wollen alles, und zwar subito» wurden im bebenden Bern und im brennenden Zürich gleichermassen skandiert. In Basel, Lausanne, St. Gallen, Luzern, Winterthur, Aarau, Zug, Thun, Baden gingen junge Menschen auf die Strasse und verliehen ihren Forderungen nach Freiraum Nachdruck. Auch in kleineren Ortschaften wie Bülach, Burgdorf, Wetzikon, Wohlen finden die Unruhen Widerhall. Die Geschichte der Jugendunruhen der 80er-Jahre ist unentbehrlich für das Verständnis des sozialen und kulturellen Wandels der Schweiz der letzten vierzig Jahre1. Der heisse Sommer von 1980 wirkt bis heute nach.
Heinz Nigg
Heinz Nigg, Bürger von Maienfeld und Zürich, wuchs mit zwei Geschwistern in Zürich auf. Seine Eltern stammen aus einer Arbeiter- und einer Bauernfamilie in Maienfeld. Die Mutter war Hausfrau und arbeitete als Schneiderin. Der Vater war als Vermieter in einer Stiftung für preisgünstiges Wohnen tätig.
1967/68 weilte Nigg für ein Jahr als Austauschschüler in den USA, wo er in Chicago und San Francisco vom Aufbruch der 68er-Bewegung, den Hippies und Yippies, zu künstlerischem Schaffen und politischem Engagement inspiriert wurde. Von 1969 bis 1976 studierte er an der Universität Zürich Geschichte, Politikwissenschaft und Ethnologie, war Aktivist in der Jugendbewegung und in der lokalen widerständigen Kunstszene. Er verfasste Ausstellungsbesprechungen über Konzeptkunst und Minimal Art für den Tages-Anzeiger und die Kunstnachrichten, eine Zeitschrift für internationale Kunst. 1974 reiste er als Assistent von Johannes Gachnang, Direktor der Kunsthalle Bern, nach New York, wo er den Künstler On Kawara kennenlernte und Bezugsperson in dessen Projekt I Got Up wurde. 1975 beteiligte er sich als Mitarbeiter von Isi Fiszman an der internationalen Kunstaktion Salto Arte in Brüssel. Von 1976 bis 1979 lebte Nigg in London, wo er eine ethnographische Feldforschung über den Gebrauch audiovisueller Mittel in Community Arts und Community Organizing durchführte, die 1980 als Dissertation erschien und in Grossbritannien als Buchpublikation vertrieben wurde. Von 1979 bis 1980 war er Lehrbeauftragter am Ethnologischen Seminar der Universität Zürich. Wegen einer umstrittenen Videodokumentation über den Opernhauskrawall wurde ihm eine weitere Lehrtätigkeit an der Universität verwehrt.
Seit 1980 ist Nigg freiberuflich als Ethnologe und Kulturschaffender tätig. Seine Schwerpunkte sind soziale Bewegungen, Videoarbeit mit Gruppen, Partizipation in der Stadtentwicklung und die Darstellung von Migrations- und Mobilitätserfahrungen durch Selbstzeugnisse. Heinz Nigg arbeitet vor allem mit Porträts, basierend auf der Methode der Oral History. 2017 kuratierte Nigg für das Schweizerische Nationalmuseum die Ausstellung Rebel Videoüber die alternative Videobewegung der 1970er- und 1980er-Jahre in der Schweiz und Grossbritannien. Er beschäftigt sich auch immer wieder mit Medienkunst und Fotografie. Heinz Nigg ist Vater eines Sohnes und lebt in Zürich.